Keine Ruhe zwischen Bürgermeister Swen Ennullat (FWKW) und SVV-Mehrheit
Samstag, 29. August 2020 Dahme-Kurier
Disziplinarverfahren gegen Ennullat geplant
Von Oliver Fischer
Keine Ruhe zwischen Bürgermeister Swen Ennullat (FWKW) und SVV-Mehrheit – Rück- und Ausblick auf die Stadtpolitik
Nach wie vor konfliktgeladen: Das Verhältnis zwischen Bürgermeister Swen Ennullat (FWKW, r.) und der SVV-Mehrheit.foto: Oliver Fischer
Königs Wusterhausen. Am vergangenen Montag gegen 18.40 Uhr erschien Königs Wusterhausens Bürgermeister Swen Ennullat (FWKW) erstmals nach zehn Wochen Abwesenheit wieder zu einer Sitzung des Hauptausschusses. Drei Stunden zuvor hatte das Verwaltungsgericht Cottbus seine Zwangsbeurlaubung aufgehoben. Laut einer Pressemitteilung der FWK-Fraktion eilte der Bürgermeister daraufhin unverzüglich in den Ausschuss. Dort wurde er mit dem Applaus seiner Unterstützer empfangen.
Es hätte der Beginn eines neuen Annäherungsprozesses sein können, so wie ihn sich viele Beteiligten in Interviews und Statements zuletzt gewünscht haben. Aber was seither passierte, sieht eher nicht nach Annäherung zwischen dem Bürgermeister und der SVV-Mehrheit aus. Im Gegenteil.
Im Hauptausschuss verzichtete die neue Vorsitzende Ines Kühnel (Grüne) darauf, den Bürgermeister bei seiner Ankunft eineinhalb Stunden nach Sitzungsbeginn zu begrüßen, was der FWKW-Fraktion schon bitter aufstieß. Ennullat selbst erklärte kurz darauf in der Sitzung, in Cottbus sei ein „Urteil im Namen des Volkes“ ergangen, das ihn rehabilitiere. Der Hauptausschuss möge deshalb für eine Petition zu seinen Gunsten stimmen. Die Mehrheit der Ausschussmitglieder legte allerdings Wert darauf, dass es sich keineswegs um ein „Urteil im Namen des Volkes“, sondern um einen Beschluss in einem Eilverfahren handelte, und verweigerte die Zustimmung zur Petition.
Am nächsten Tag teilte Ennullat den SVV-Mitgliedern dann knapp mit, dass die Kommunalpolitiker fortan keine Mitarbeiter des Rathauses mehr anzusprechen haben. Jeder Kontakt laufe über ihn. Da er aber die vergangenen Wochen aufarbeiten müsse, bitte er darum, von Nachfragen abzusehen. Zudem lasse er in acht Fällen prüfen, ob Mitglieder der SVV mit verschiedenen öffentlichen Äußerungen gegen ihre Pflichten als Stadtverordnete verstoßen haben.
Das alles wertete man wiederum bei der SVV-Mehrheit aus SPD, CDU, Linken, Grünen, Wir für KW/BVO und zwei fraktionslosen Abgeordneten als Affront. „Neue Zusammenarbeit haben wir anders erwartet“, hieß es am Mittwoch in einer Pressemitteilung des SVV-Präsidiums.
Die Auseinandersetzungen haben sich derweil auch längst wieder auf höhere Ebenen verlagert. Die Kommunalaufsicht hat inzwischen fünf der aktuell 14 umstrittenen SVV-Beschlüsse aus diesem Jahr geprüft. Ennullat oder seine Stellvertreter hatten die Beschlüsse als rechtswidrig beanstandet, in jedem Fall zu unrecht, wie die Kommunalaufsicht nun feststellte.
Demnach durfte die SVV beschließen, dass Sportstätten künftig für Kinder und Menschen mit Behinderung kostenlos sind. Sie durfte auch beschließen, dass der Bürgermeister in der SVV nicht mehr uneingeschränktes Rederecht hat. Sie durfte zudem beschließen, dass die SVV einen eigenen Anwalt bekommt. Und sie durfte auch beschließen, dass das Handeln des Bürgermeisters in mindestens 25 Punkten von einem Rechtsanwalt überprüft wird.
Genau dieses Rechtsgutachten will die SVV nun umgehend veranlassen. Dafür müsste allerdings das Rathaus die betreffende Anwaltskanzlei formal beauftragen und bezahlen. Der Bürgermeister hat nach MAZ-Informationen angekündigt, dass er das trotz der Entscheidung der Kommunalaufsicht nicht so bald tun wird. Dafür seien noch zu viele offene Fragen zu klären.
In der SVV-Mehrheit hält man seine Argumente für vorgeschoben. Die Vorsitzende der SVV, Laura Lazarus (CDU), hat deshalb erneut Hilfe bei der Kommunalaufsicht erbeten.
Auch das Verwaltungsgericht Cottbus war am Mittwoch wieder mit Königs Wusterhausen beschäftigt. Diesmal ging es um die Akte zum umstrittenen Grundschulstandort Senzig, die SPD-Mann Georg Hanke seit Ende vorigen Jahres gerne prüfen will. Das verweigerte ihm die Rathausspitze bislang aber, woraufhin Hanke klagte. Nach deutlichen Hinweisen des Gerichts kündigte der Anwalt des Bürgermeisters nun an, Hanke die Akteneinsicht zu gewähren.
Zu guter Letzt sind für die kommende Sitzung der SVV am 7. September wieder zwei Tagesordnungspunkte angemeldet, die Brisanz versprechen. Bei einem geht es erneut um „Aussprache und Maßnahmen zum dienstlichen Verhalten des Bürgermeisters“. In einem gleichlautenden Tagesordnungspunkt wurde am 18. Juni die Beurlaubung Ennullats ausgesprochen. Und dann wird noch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Swen Ennullat auf der Tagesordnung stehen.
Denn das Verwaltungsgericht hatte in seinem Beschluss den Bürgermeister tatsächlich nicht von Fehlverhalten freigesprochen. Es hatte festgestellt, dass es sich bei der eigenmächtigen Kürzung der Tagesordnung im Mai definitiv um eine Dienstpflichtverletzung handele, und dass zudem sein Facebook-Like für den Kommentar, Mitglieder der SVV „müssten aus der Stadt gejagt werden“ deutlich über eine angemessene politische Auseinandersetzung hinausgehe. Das reiche zwar nicht für eine Zwangsbeurlaubung. Den Weg des Disziplinarverfahrens hatten die Richter hingegen nahegelegt. Zumal laut Bundesdisziplinargesetz ein Dienstvorgesetzter ein solches Verfahren einleiten muss, wenn der Verdacht eines Dienstvergehens vorliegt. Entsprechendes will die SVV nun prüfen, wie das Präsidium am Mittwoch ankündigte.
Die FWKW-Fraktion reagierte in ihrer Mitteilung erstaunt auf diese Ankündigung. Dort sieht man den Bürgermeister mit zehn Wochen rechtswidrigem Zwangsurlaub genug gestraft – zumal er in diesen zehn Wochen kaum habe neue Pflichtverstöße begehen können.
In einem Punkt sind sich die Streitparteien aber einig: Ein Aufeinanderzugehen sieht anders aus.
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