Offener Brief von einem Bürger



OFFENER BRIEF AN DIE LEITERIN DES TIEFBAUAMTES UND BÜRGERMEISTERKANDIDATIN FÜR KW


KW am 22.05. 2021

Sehr geehrte Frau Wiezorek,


wie ich der MAZ kürzlich entnehmen konnte, positionieren Sie sich zur Forderung nach Senkung der Erschließungskosten für Sandpisten vorgreifend mit Ablehnung. Das ist enttäuschend. Offensichtlich kennen Sie die Situation vieler Einwohner an Sandpisten nicht.


Ihre erste Begründung: Eine Stadt muss sich fragen, ob sie sich das finanziell leisten kann. Richtig. Aber gleichzeitig auch anmaßend, denn die gleiche Frage muss auch für die Anwohner der betroffenen Straßen zulässig sein. Nicht Jeder kann sich derartige Ausgaben leisten, zumal Straßen keine Privatsache, sondern eine öffentliche Angelegenheit sind. Bleiben wir bei den Menschen, die ein eigenes Grundstück bewohnen, aber nicht so vermögend sind, um den Straßenbau vor der Tür finanzieren zu können. Seit Jahren wird uns entgegengehalten, dass man ja einen durch die Stadt vermittelten Kredit aufnehmen kann. Einst war der sogar zinsfrei. Inzwischen ist das nicht mehr der Fall, der Zinssatz übersteigt sogar manche Bankzinsen, die Stadt verdient möglicherweise sogar daran. Eine Lösung indes ist das Kreditangebot für viele Anwohner dennoch nicht, auch ein Kredit will bedient werden. Und wer dazu nicht in der Lage ist, der wird faktisch enteignet, indem die Stadt sich ins Grundbuch einträgt. Dabei ist im Sozialgesetzbuch eigentlich geregelt: Ein selbstbewohntes Eigentum dient der Alterssicherung und ist geschützt, da geht der Staat erst ran, wenn ein Mensch im Alter zu einem Pflegefall geworden ist und die Pflegekosten nicht tragen kann. Der Zwang zur Beteiligung an Straßenausbaukosten mit der Folge, dass man einen Teil seiner Alterssicherung dafür opfern muss, kann demnach kaum rechtmäßig sein.


In der Vergangenheit haben wir es schon erleben müssen, dass Nachbarn ihre Grundstücke oder Teile davon aufgeben mussten, weil sie Erschließungskosten wie Abwasserbau nicht von alleine stemmen konnten. Ist diese Vertreibung erwünscht?? In einer Bündnis 21 Info zum Haushalt KW konnte man gerade deutlich lesen, was für eine schöne hohe Summe die Stadt aus Steueranteilen gutverdienender Bürger eingenommen hat. Weniger Wohlhabende schmälern die Bilanz. Das ist unschön. Sollte eine Stadt aber wohl ertragen können.


Zurück zu den Sandpisten: Vor einiger Zeit sprach man noch über den Sandpistenausbau. Dann kam die erfolgreiche Volksinitiative von 2019. Zur Bewältigung wurden Begriffe umdefiniert. Die Straßenausbaugebühren wurden erlassen. Und die Sandpisten wurden plötzlich Erschließungen genannt, und damit war der Erstausbau gemeint. Nun sind viele Sandpisten alt, manche sogar sehr alt. Beispiel bei uns in Körbiskrug: Die Grundstücke wurden Ende der 1920er Jahre parzelliert, die Straßen zwischen den Parzellen bekamen Namen, die Grundstücke wurden mit Strom versorgt, wir bekamen elektrische Straßenlaternen, und die Straßen wurden dem öffentlichen Verkehr übergeben. Sie wurden gewidmet, wie man auch sagt. Das war der Standard einer Ersterschließung um 1930. Das ist lange her. 90 Jahre lang wurden die Straßen zur Erhaltung lediglich geschoben, um die Unebenheiten zu glätten. 90 Jahre lang wurde es unterlassen, den Standard der Straßen zu verbessern. Trotzdem wurden sie 90 Jahre lang von der Öffentlichkeit benutzt. Und nun spricht man von einer notwendigen Ersterschließung? Den die Anwohner zahlen sollen?? Das werden wir nicht hinnehmen. In anderen Teilen der Republik wurde bei ähnlichen Sachverhalten erfolgreich gegen solche Gebühren geklagt. Bei uns fand eine Ersterschließung nach dem damaligen Standard bereits statt.


Weiter zu Ihren anderen Argumenten, Frau Wiezorek:

- Zeuthen zeigt, dass die Stadt bei ermäßigten Anliegerkosten auf dem höheren Stadtanteil hängen bleibt, wenn das Land nach einer erfolgreichen erneuten Volksinitiative für die Erschließungskosten aufkommt. So stand es sinngemäß in der MAZ. Wenn das tatsächlich der Fall ist, dann hat Zeuthen schlecht verhandelt und muss nachbessern. Kostenübernahme des Landes muss heißen: Das Land behandelt alle Kommunen gleich. Alles andere ist nicht akzeptabel.

- Ferner: Wenn die Anliegerkosten gesenkt werden, dann drohen möglicherweise Rückerstattungsforderungen von denen, die zuvor eine höhere Summe zahlen mussten. Dieses Argument ist Panikmache, das ist Quatsch. Denn bei jeder Gesetzesänderung wird ein Stichtag festgesetzt, ab dem die neuen Regelungen gelten. Das lässt sich eindeutig regeln. Wichtiger ist vielmehr, und das erwähnen Sie nicht: Eine Absenkung der Anliegerkosten führt dazu, dass kein privat finanzierter Straßenbau mehr stattfinden wird. Dazu sollte die Stadt aber bereit sein, denn sie ist es, der die Straßen gehören. Alles andere ist eine willkürliche Verzerrung der Tatsachen.

Vielfach wird auch vorgetragen, dass die Anwohner vom Ausbau ihrer Straße profitieren, weil der Grundstückspreis dadurch steigt. Auch das ist Quatsch. Grundstücke an Straßen, die vor Jahren bereits ausgebaut wurden, steigen erst heute im Preis, weil die Preise im Speckgürtel von Berlin gerade anziehen. Es gibt genügend Statistiken, die belegen, dass trotz gemachter Straßen die Grundstückspreise lange unverändert blieben!


KW hat derzeit mit die höchsten Anliegerbeiträge (90%) nach dem kommunalen Abgabengesetz. Daran sollte sich dringend etwas ändern. Denn es gibt viele Anwohner, die sich die Finanzierung zum Ausbau der Sandpisten nicht leisten können.

Ich schlage deshalb vor:

1) Die Erschließung von Sandpisten wird ausgesetzt bis die anstehende Initiative zur Abschaffung der betreffenden Beiträge Klärung darüber gebracht hat, wer die Kosten übernimmt, und ob in allen Fällen die Beiträge erhoben werden können.

2) Es sollte in jedem Fall ein Sozialplan erstellt werden, der nicht zahlungsfähige Anwohner von den Kosten befreit. Enteignung durch Zwangsdarlehen muss abgeschafft werden. Wir haben in manchen Ortsteilen noch eine angenehme Durchmischung der Bevölkerung. Eine Verdrängung von weniger finanzkräftigen Bürgern darf nicht das Ziel sein! Solche Kostenbefreiungen gibt es in anderen Bereichen auch, das ist also realisierbar.

Bitte unterschätzen Sie nicht die Zahl der betroffenen Bürger, Frau Wiezorek. Wir erwarten von der Verwaltung und einer Bürgermeisterin in Spe, dass eine Politik für und nicht gegen die Bürger gemacht wird. Es wird auch Zeit die betreffenden Gesetze einmal zu hinterfragen. Manche Gesetze sind einfach falsch und gehören abgeschafft. Eine Politik gegen die Bürger treibt die Wähler nur in die Arme der AFD, und das wird kein Demokrat ernsthaft wollen.


In diesem Sinne mit freundlichen Grüßen

René Reibetanz

KW am 22.05. 2021, 



Kommentare

  1. Herr Reibetanz, wir denken genauso wie Sie.
    Warum denkt Politik immer, der Bürger ist dumm und man kann den Bürgern jeden Scheiß erzählen?

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